Verantwortung liegt nicht allein beim Klinikträger
GFO schaltet sich in die Debatte um den Klinikstandort St. Josefs Lennestadt ein
Olpe, 27. September 2024. Die angekündigte Zusammenführung der beiden Geburtshilfen der GFO Kliniken Südwestfalen (St. Martinus Hospital Olpe und St. Josefs Hospital Lennestadt) am Klinikstandort Olpe wird seit Wochen kontrovers und emotional diskutiert. Jetzt schaltet sich die GFO in die Debatte ein. Ingo Morell, Mitglied der Geschäftsleitung der GFO, betont: „Wir als Klinikträger haben die Situation nicht zu verantworten, die unter anderem die Konzentration der Geburtshilfe in Olpe erfordert.“
Ingo Morell sagt: „Ich kann die Emotionen der Menschen sehr gut verstehen. Aber wir sind auf Grund der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen jetzt an dem Punkt angelangt, wo es überhaupt nur noch darum geht, zu versuchen wenigstens eine der beiden Geburtshilfen in Olpe und Lennestadt zu erhalten.“
Dies sei ja nun keine neue Entwicklung und könne auch nicht überraschen. Die GFO habe bereits seit zwei bis drei Jahren auf die schwierige Situation der Klinikstandorte in Olpe und Lennestadt und die dafür ausschlaggebenden gesundheitspolitischen Gründe hingewiesen, die im Übrigen für alle Klinikträger gelten. In der Nach-Coronazeit hätten sich die finanziellen Bedingungen für Kliniken in Deutschland nun so dramatisch verschärft, dass der Träger im Sinne der gesamten GFO Kliniken Südwestfalen handeln müsse.
Ingo Morell erläutert die Gründe für die Transformation des Klinikstandortes Lennestadt im Detail. Vor rund 25 Jahren wechselte die Klinik in Lennestadt von der Kirchengemeinde zur Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen (KHS). Die Klinik habe seitdem dennoch weiterhin stets rote Zahlen geschrieben – in der jüngsten Vergangenheit jedes Jahr mehrere Millionen, davon entfällt etwa die Hälfte auf die Geburtshilfe. Sowohl die KHS als Trägerin der Kliniken in Olpe und Lennestadt als auch die GFO – nach der Übernahme der KHS in den franziskanischen Verbund – hätten stets die Defizite getragen und das Haus quersubventioniert.
Ingo Morell: „Das ist alles in der Öffentlichkeit sehr emotionslos und als selbstverständlich zur Kenntnis genommen worden.“ Wirtschaftliche Erwägungen stünden bei der GFO auch nicht im Vordergrund, der Verbund sei schließlich gemeinnützig. Die GFO hat keine Aktionäre oder Eigentümer, an die sie Geld ausschütten muss. Was erwirtschaftet wird, wird wieder in das Unternehmen investiert. In schwierigen Zeiten hat sie aber auch keine Kommune, Kreis oder Land im Rücken, die Defizite tragen, wie dies bei kommunalen Kliniken der Fall ist.
In der öffentlichen Diskussion werde stets unterstellt, dass es nur um den Standort Lennestadt gehe. Es gehe aber um beide Standorte. Ingo Morell richtet sich direkt an die Kritiker: „Versetzen Sie sich doch mal in unsere Lage. Was sollen wir tun? Wir haben zunächst zur Aufrechterhaltung des Betriebs unsere Rücklagen eingesetzt. Die sind jetzt aufgebraucht. Es ist nicht erkennbar, dass sich an der Finanzierung der Krankenhäuser kurzfristig etwas ändern wird. Wir hätten Lennestadt gerne weiter subventioniert, wie wir das in den vergangenen Jahren auch aus Überzeugung getan haben, aber die Realität ist jetzt eine andere. Die personellen und finanziellen Möglichkeiten sind für uns ausgereizt. Dabei geht es nicht um Gewinne oder Rendite, sondern um die Reduzierung von Verlusten. Es gehe darum, überhaupt die klinische Versorgung im Kreis Olpe mit zu sichern.
Das heißt: Gleich mehrere große Trends beeinflussen aktuell die Situation auch für die Standorte in Olpe und Lennestadt – die Verlagerung von stationären Leistungen hin zur ambulanten Versorgung, der Einbruch der Patientenzahlen in Folge der Corona-Pandemie sowie hohe Inflation und Gehaltssteigerungen, die von Staat und Kostenträgern nicht gedeckt werden. Das alles schlägt sich massiv negativ in den Bilanzen der Krankenhäuser nieder. Dazu kommt der Fachkräftemangel. Der Standort Lennestadt ist nur noch zur Hälfte ausgelastet, und die Verlagerung aus dem stationären in den ambulanten Bereich wird noch steigen.
Dr. Gereon Blum, Geschäftsführer der KHS, sagt: „Wir hätten gerne die Krankenhaus-Planungen NRW und die Reformen auf Bundesebene abgewartet, um dann in Lennestadt gezielt entsprechende strukturelle Veränderungen, wie sie auf Bundesebene diskutiert werden, vorzunehmen.“ Die Klinik- und Finanzierungsreformen des Bundes griffen aber frühestens 2027. Bis dahin sei der Status Quo ökonomisch jedoch nicht mehr zu halten. Dr. Gereon Blum nennt insbesondere das Konzept des Bundesgesundheits-ministers für sektorübergreifende Versorgungszentren (sogenannte Level1i-Kliniken) interessant, es würde gut für den Standort Lennestadt passen. Diese Einrichtungen sind vor allem für die sektorenübergreifende Versorgung von wohnortnahen stationären, ambulanten und medizinisch-pflegerischen Leistungen gedacht.
Die Verlagerung der Geburtshilfe Lennestadt nach Olpe und die Zusammenführung zu einer großen Fachabteilung im St. Martinus Hospital hat finanzielle und personelle Gründe. Sowohl die Geburtshilfe in Lennestadt als auch die in Olpe sind defizitär, weil sie nicht auskömmlich finanziert sind. Aus rein ökonomischer Sicht müssten daher beide Abteilungen eigentlich geschlossen werden. „Das wollen wir aber nicht“, sagt Ingo Morell und betont: „Wir haben die Geburtshilfe in Lennestadt trotz der enormen Defizite jahrelang aus voller Überzeugung aufrechterhalten. Deshalb ist das für uns jetzt kein einfacher Schritt, sondern ausgesprochen schwer. Ich finde es daher nicht in Ordnung, dass dies in der öffentlichen Diskussion völlig ausgeblendet wird.“
Die Geburtshilfe in Olpe ist eine Hauptabteilung mit angestellten Ärzten, die in Lennestadt eine Belegabteilung. Die ärztliche Betreuung muss aufgrund von Vorgaben durch mindestens drei niedergelassene Ärzte sichergestellt werden. „Wir können in Lennestadt auf Dauer auch deshalb keine Geburtshilfe mehr sicherstellen, weil wir dafür keine Ärzte finden“, erklärt Ingo Morell. Schon jetzt gelinge das nur mit Honorarärzten, die aber nur zum Teil refinanziert werden. Die Schwierigkeiten, die Arztstellen zu besetzen, gelten im Übrigen für den gesamten Standort Lennestadt. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels seien die Vorgaben des NRW-Krankenhausplans, des Gemeinsamen Bundesauschusses und der Bundesabrechnungsbestimmungen daher nicht mehr einzuhalten. Das zeige beispielhaft auch die Kündigung der beiden Chefärzte der Inneren Medizin in Lennestadt. Das habe die GFO überrascht, weil sie in Gesprächen von einer langfristigen Perspektive mit den Ärzten ausgegangen sei.
Dr. Gereon Blum erklärt: „Wir überlegen derzeit, welche Versorgung wir in Lennestadt sicherstellen können.“ Die Mitarbeitenden sind in diesen Prozess einbezogen, sie sind über mehrere Arbeitsgruppen an der kon-zeptionellen Arbeit beteiligt. Dr. Blum sagt: „Nach heutigem Stand wird es ab Januar 2025 am Klinikstandort Lennestadt eine ambulante Versorgung und eine stationäre Innere Medizin mit integriertem Notfallzentrum, Palliativmedizin und Psychiatrie geben, unter der Voraussetzung, dass dafür die entsprechenden Fachkräfte gewonnen werden können. Alle anderen Leistungen bilden wir am Klinikstandort Olpe ab.“
Die GFO, unterstreicht Dr. Blum, wolle einen Beitrag zur künftigen Gesundheitsversorgung in Lennestadt leisten und unterstützt die Idee des Landrats einer Gesundheitsregion mit vernetzten Leistungen. Dazu könne die GFO mit ambulanter Medizin, Medizinischen Versorgungszentren (Arztpraxen), Gesundheitsberatung und Einrichtungen der Altenhilfe beitragen, um die erforderliche Transformation mitzugestalten.